Neueste Entwicklungen bei der CAR-T-Zelltherapie von soliden Tumoren
Prof. Dr. Niels Schaft im Interview mit dem Ärztlichen Journal
In den letzten Jahren konnte die CAR-T-Zelltherapie viele Erfolge feiern. Auch am Standort Erlangen wird die innovative Zelltherapie bereits bei der Behandlung von einigen Autoimmun- und Krebserkrankungen erfolgreich eingesetzt. Doch bisher ist die Therapie nur bei hämatologischen Krebserkrankungen wirklich effektiv. Warum solide Tumore schlechter auf die Therapie ansprechen und welche Ansätze es gibt diese Probleme zu umgehen, erklärt Prof. Dr. Niels Schaft, wissenschaftlicher Leiter der Arbeitsgruppe RNA-basierte Immuntherapie an der Hautklinik des Uniklinikum Erlangen, im Interview mit dem Ärztlichen Journal.
Dass die Therapie mit CAR-T-Zellen bei soliden Tumoren deutlich schlechtere Ergebnisse erzielt als bei hämatopoetischen Krebserkrankungen hat verschiedene Gründe.
Bei hämatologischen Krebserkrankungen, also Leukämien und Lymphomen, bewegen sich die Krebszellen einzeln im Blut oder der Lymphflüssigkeit und sitzen nicht in einem festen Zellverband (solider Tumor). Dadurch sind die Krebszellen viel besser erreichbar als die eines soliden Tumors. Hinzu kommt, dass die aktuell benutzten Zielstrukturen weniger spezifisch sind. Teilweise sind sie auch auf gesundem Gewebe zu finden. Viele Forschungsgruppen seien aber aktuell auf der Suche nach hochspezifischen Zielantigenen, versichert Prof. Dr. Niels Schaft.
Ein weiterer Grund sei, so der Wissenschaftler, dass viele solide Tumore ein für die Zelltherapie ungünstiges Mikromilieu haben: immunsuppressive Zytokine und Moleküle, die auf T-Zellen reagieren und diese hemmen, erschweren die Therapie.
In klinischen Studien werden bereits unterschiedliche Ansätze zur Überwindung dieser Problematiken getestet: Um die Krebszellen innerhalb des Tumors besser zu erreichen, können die CAR-T-Zellen entweder direkt in den Tumor injiziert werden oder mit Molekülen versehen werden, die die Migration ins Innere des Tumors erleichtern. Die gezielte Expression von unterschiedlichen Membranproteinen kann die Langlebigkeit und Resistenz erhöhen (z.B. IL-15-Rezeptor) oder den negativen Effekt von Zytokinen auf die CAR-T-Zellen vermeiden (z.B. dominant-negativer TGF-β-Rezeptor). Zudem kann man CAR-T-Zellen so manipulieren, dass sie selbst Antikörper produzieren.
Beispiel malignes Melanom
„Bei Melanompatientinnen und -patienten, die nicht auf eine Checkpoint-Blockade ansprechen, haben CAR-T-Zellen definitiv Potential“, erzählt Prof. Dr. Schaft. Es laufen aktuell 16 klinische Studien, die unterschiedliche Zielgene sowohl gegen das kutane als auch das Uvea-Melanom untersuchen.
Prof. Dr. Schaft zeigt sich optimistisch, dass in den nächsten 10 Jahren das maligne Melanom gut kontrollierbar sein könnte. Dabei spielen aber nicht nur CAR-T-Zellen eine Rolle. Auch andere Ansätze wie RNA-Impfstoffe seien große Hoffnungsträger. Eine Kombination von unterschiedlichen Behandlungsstrategien könnte ermöglichen, dass zukünftig 80-90% der Patientinnen und Patienten erfolgreich behandelt werden können.
China bei klinischen Studien Vorreiter
International laufen aktuell 304 klinische Studien für die Anwendung von CAR-T-Zellen bei soliden Tumoren. Nur drei davon finden in Deutschland statt (Stand 09/2022). Im Rest von Europa sieht es allerdings nicht besser aus. Vorreiter China führt derzeit mehr als die Hälfte aller klinischen Studien durch, gefolgt von der USA. „Das liegt sicher auch daran, dass die Regulierungen durch die Behörden in Deutschland definitiv höhere Hürden setzen als beispielsweise im Vergleich zu China“, erzählt Prof. Dr. Schaft.
Das gesamte Interview kann hier nachgelesen werden:
Über die CAR-T-Zelltherapie
CAR-T-Zellen sind körpereigene Immunzellen (T-Zellen), die gentechnisch so verändert werden, dass sie Krebszellen anhand von spezifischen Oberflächenstrukturen („Zielantigene“) erkennen und dann im Rahmen der körpereigenen Immunabwehr vernichten.
CAR-T-Zelltherapie ist eine Individualtherapie. Der Patientin bzw. dem Patienten werden T-Zellen entnommen, die anschließend im Labor unter streng kontrollierten Bedingungen mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgestattet werden, der für die Zielerkennung verantwortlich ist. Die auf die Krebszellen spezialisierten T-Zellen werden dann wieder in die Patientin bzw. den Patienten reinfundiert, wo sie die Krebszellen angreifen.